Kai Gottesbüren, Verteidiger des SV Hohenlimburg 1910, ist seit Februar als Videoscout für den Hamburger Zweitligisten im Einsatz.

Der Hohenlimburger Fußballer Kai Gottesbüren (28) sitzt zurzeit aufgrund der Corona-Pandemie wie viele andere Menschen im Homeoffice fest. Seine Tätigkeit könnte bei vielen Fußballfans Neid auslösen, denn er wird buchstäblich für das Fußballgucken bezahlt. Gottesbüren macht seit Ende Februar beim Fußball-Zweitligisten Hamburger SV ein Praktikum als Videoscout.

Wie kam es dazu?

Wenn sich Studenten über Praktika Gedanken machen, landen sie in der Regel selten bei einem Fußball-Proficlub. Doch für den Verteidiger des SV Hohenlimburg 1910 wurde der Traum wahr. „Ich brauchte ein Pflichtpraktikum für mein Sportmanagement-Studium und bin in einer Facebook-Gruppe für Sportstudenten auf die Stellenanzeige von Alexander Hahn gestoßen. Der ist jetzt in Hamburg mein Chef – der ist auch noch in dieser Facebookgruppe, weil er auch in Bochum studiert hat“, schildert Kai Gottesbüren. Alexander Hahn hat früher unter anderem für die TSG Sprockhövel gespielt und war ab 2014 als Videoanalyst für Hamburgs U19-Mannschaft tätig. Seit 2018 ist er Analyst bei den Profis.

Auf die Stelle hat sich Gottesbüren dann prompt beworben: „Das ging alles sehr schnell vonstatten. Ich habe die Bewerbung sonntags abgeschickt und die brauchten jemanden so schnell wie möglich bis zum Saisonende. Dienstags wurde ich angerufen und tags darauf bin ich mit dem Zug nach Hamburg gefahren. Am Donnerstag habe ich dann den Anruf bekommen, dass es geklappt hat.“ Fortan war Westfalenliga-Fußball erst einmal auf Eis gelegt, Gottesbüren zog binnen weniger Tage in die Hansestadt.

Aufgabenfeld

Bei der ersten Mannschaft des Hamburger SV gibt es zwei Analysten. Einer ist für die anstehenden Gegner, der andere für die eigene Mannschaft zuständig. Gottesbüren hat – als der Ligabetrieb noch aktiv war – beiden zugearbeitet und bei der Spielvorbereitung unterstützt. „Ich habe von dem kommenden Gegner immer eine kleine Powerpoint-Präsentation erstellt mit allgemeinen Informationen zu Spielern, Trainern oder Verletzten. Ich habe die letzten Aufstellungen zusammengefasst und Einzelvideos zu gegnerischen Spielern erstellt. Dazu habe ich die Standardsituationen der Gegner analysiert – Freistöße, Ecken, lange Einwürfe und so etwas“, erklärt der Hohenlimburger Defensivspezialist.

Für die Mannschaft des Hamburger SV schaute er auf einzelne Spieler. „Jede Position hat ein Positionsprofil. Wenn man sich einen Innenverteidiger nimmt, ist zum Beispiel eine Kategorie ‘Andribbeln’. Wir sammeln dann Clips zu den einzelnen Spielern, ordnen die den Kategorien zu, damit sie dann dementsprechend analysiert werden können.“

Auch das Training der Hamburger Profis hat er hin und wieder gefilmt. „Ich sollte auch mal zu Abschlusstrainingeinheiten der Gegner fahren, das ist aber wegen der Coronakrise dann nicht mehr zustande gekommen.“

Scouting-Software

Für die Scouts gibt es eine spezielle Software, genannt „Scouting-Feed“. Die Bundesliga stellt über verschiedene Anbieter die Spiele und einzelne Schnitte als Download zur Verfügung. Diese Clips muss der jeweilige Scout herunterladen und kann sie dann live bearbeiten. So pickt sich Kai Gottesbüren beispielsweise die jeweiligen Spiele oder Standardsituationen eines Teams heraus und lädt sich diese auf den Laptop. Die bearbeiteten Clips werden dann wieder hochgeladen.

Ein Tag als HSV-Scout

Ein normaler Arbeitstag fing vor der Corona-Unterbrechung für Kai Gottesbüren in der Hansestadt in der Regel um 9 Uhr an. Wenn die Profis Training hatten, gab es morgens ein gemeinsames Frühstück, mittags dann ein Mittagessen. „Über den Tag habe ich dann meine Aufgaben abgearbeitet, um 18 Uhr war meistens Feierabend. Momentan bekomme ich Aufgaben nach Hause geschickt, bearbeite die am Laptop und lade alles wieder hoch. Da habe ich aber keinen speziellen Rhythmus. Ich setze mich daran, wenn ich Zeit habe.“

Berufswahl

Der Job macht ihm Spaß und er hofft, dass das auch seine Zukunft ist. „Das ist auf jeden mein Ziel, später fest in dieser Branche zu arbeiten“, sagt Gottesbüren. Wann die Arbeit beim HSV aufhört, steht noch nicht genau fest – die Corona-Pandemie hat einiges durcheinander gebracht. „Ich hoffe, dass die Bundesliga jetzt wieder anfängt. Mein Vertrag geht zwar nur bis zum 19. Mai, aber ich werde jetzt mal nachhaken, ob das verlängert wird. Ursprünglich wollten die mich ja eh bis zum Saisonende da haben.“ Die Saison wäre sonst am 19. Mai vorbei gewesen.

Egal, ob sein Praktikum beim Hamburger SV noch bis zum Saisonende weiterläuft oder nicht, ab Sommer möchte Kai Gottesbüren auf jeden Fall wieder für den SV Hohenlimburg 1910 in der Westfalenliga auflaufen.

Bericht: Fabian Sommer WP